Musik vor 1600 - 2016_wise_kolb
15. Januar 2016, 18:00 Uhr
Dr. Fabian Kolb
(Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der JGU Mainz)

Virdungs »Musica getutscht« und die adelige Musizierpraxis um 1500

Sebastian Virdungs Musica getutscht, gedruckt 1511 bei Michael Furter in Basel, ist laut Titel und Widmungsvorrede dediziert »zu eren dem hochwirdigen hochgebornen fürsten unnd herren«, dem Straßburger Bischof Wilhelm III. von Hohnstein, der mit Virdung auf dem Augsburger Reichstag 1510 in Kontakt getreten sei. Dieser Konnex – so wie aus anderen Perspektiven etwa auch die Wendung zur Vernakularsprache, die Wahl der näher behandelten Instrumente und die reiche Bildausstattung mit z.B. der auf einen höfischen Kontext weisenden Darstellung eines Lautenisten von Urs Graf – deutet auf eine höfisch-aristokratisch orientierte Zielgruppe der Schrift und lässt entsprechend nach Status und Funktion von Instrumenten und Instrumentalmusik in fürstlich-adeligen Kreisen um 1500 fragen. Mit näherem Blick auf Virdungs biographisches und prosopographisches Umfeld (insbesondere am Pfalzgrafenhof zu Heidelberg sowie der Umgebung Kaiser Maximilians) sollen daher Rolle und Implikationen der »instrumentischen musica« für den zweiten Stand erörtert werden, wobei insbesondere höfische Erziehungsschriften und Fürstenspiegel, aber auch die (spät-)mittelalterliche Heldendichtung und die höfische Literatur zu konsultieren sind.