Zu den bekanntesten und am weitesten verbreiteten polyphonen Magnificat-Vertonungen des 16. Jahrhunderts zählen die 8 bzw. 16 Vertonungen von Cristóbal de Morales. In den frühesten Quellen vor allem im italienischen Umfeld gedruckt und verbreitet und durch die päpstliche Tradition und Liturgie beeinflusst, werden sie in der gängigen Literatur dennoch überwiegend als ‚spanische Magnificats‘ bezeichnet. Aber was, außer der Herkunft des Komponisten, ist das ‚Spanische‘ in diesen Vertonungen?
Zur Beantwortung dieser Frage fokussiert sich der Vortrag auf Morales' spanischen Hintergrund und seine spanischen Vorbilder. In welcher Magnificattradition ist er aufgewachsen, was kannte er womöglich und lässt sich überhaupt eine typisch ‚spanische‘ Magnificattradition ausmachen? Der Fokus liegt dabei auf dem Repertoire und der Tradition in Sevilla, wo er vermutlich aufwuchs, sowie Ávila und Plasencia, wo Morales als Kapellmeister tätig war. Daher soll zunächst ein Überblick über das vorhandene Magnificatrepertoire gegeben werden. Eine detaillierte Analyse versucht anschließend die typisch ‚spanischen‘ Merkmale herauszuarbeiten und zu verdeutlichen.