Musik vor 1600 - 250613_braunger
13. Juni 2025, 14:30 Uhr
Michael Braunger M.A.
(Universität Tübingen)

Digitale Zugänge zu mittelalterlichen Musikfragmenten

In den Beständen des Landesarchivs befinden sich zahlreiche, bislang unbekannte Fragmente makulierter mittelalterlicher Handschriften. Sie wurden einst für nutzlos befunden und – auf ihren bloßen Materialwert reduziert – als Einbände für Archivdokumente wiederverwendet. Von 2017 bis 2022 konnte ein DFG-gefördertes Erschließungsprojekt der Universität Tübingen 1.724 Fragmente mit Musiknotation wieder ans Licht bringen und auf der Webplattform Fragmentarium veröffentlichen. Dennoch bleiben viele Fragen offen: Woher stammen die Fragmente? Wie viele Handschriften wurden zerstört? Wann und warum wurden sie wiederverwendet? Und wie weit verbreiteten sich die Fragmente? In den meisten Fällen können nur digitale Ansätze Antworten liefern. Im Vortrag werden drei unterschiedliche digitale Herangehensweisen vorgestellt: Datenanalysen, Fragmentzuordnungen und virtuelle Handschriftenrekonstruktionen. Diese Methoden aus dem Feld der neuen Forschungsdisziplin Fragmentologie werfen ein Licht auf die bislang unbekannten institutionellen Netzwerke, die im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit den Austausch von Handschriften ermöglichten, und illustrieren wichtige Entwicklungen der Handschriftenproduktion sowie der südwestdeutschen Landesgeschichte.